Matriken
Was
ist das eigentlich genau: Matriken (in Deutschland
Matrikeln, in der Schweiz Rodeln) nennt man die Kirchenbücher. Es gibt jeweils
ein eigenes Buch für Taufen (Geburten), Hochzeiten, Todesfälle. Jedes Buch wurde
meist solange verwendet bis es voll war. Daraus ergibt sich eine gewisse
Zeitspanne. Es kommt machmal vor, daß einzelne Bücher
fehlen, aber die davor wieder vorhanden sind. Meistens wurden aber alle Bücher
mit einer Kirche vernichtet (Brand, Krieg) und erst danach sind die Matriken dann vorhanden.
Matriken wurden schon in den ersten
Jahrhunderten der christlichen Kirche geführt. Aber erst 1547 bis 1563 durch
das Konzil von Trient
und 1614 durch das Rituale Romanum wurde die Führung der Tauf-, Heirats-
und (etwas später auch) Sterbematriken den
katholischen Pfarrern zur
strengen Pflicht gemacht. Aber es gab ja keine Schulpflicht, so daß nur wenige
Leute überhaupt lesen und schreiben konnten. Die gebildete Schicht waren großteils Universitäts- Absolventen wie Advokaten und
Ärzte. Vor allem in ländlichen Gemeinden war der Pfarrer oft der einzige
Gebildete der überhaupt lesen und schreiben konnte. Dazu ein Beispiel wie die Bauern
unterschrieben (von 16 konnten gerade einmal 3 richtig schreiben, 2 konnten
nur ihren Namen malen, die restlichen 11 malten mehr oder weniger leserlich
einen oder 2 Buchstaben oder Kreuze hin)
Natürlich
hatten die Grundherrschaften eine große Anzahl administrativer Vorgänge zu
bewältigen, so daß dort neben den Juristen natürlich auch Leute die lesen und
schreiben konnten beschäftigt waren. Dort wo die Matriken
nicht mehr existieren, sind es in der Tat auch die Grundherrschaften, wo man am
ehesten noch Erfolg auf der Suche nach seinen Vorfahren haben kann.
Nur
wenige Matriken im westlichen Böhmen beginnen vor
1600, die meisten kurz nach Ende des 30jährigen Krieges 1648. Da dies
hauptsächlich ein Religionskrieg war (der neue Protestantismus gegen den
alten Katholizismus), wurden die Einwohner vor die Wahl gestellt, zum
alten Glauben zurückzukehren oder auszuwandern. Viele Matriken
gingen durch Brände verloren, wurden durch protestantische Pastoren, im Zuge
der Gegenreformation und schwedische Truppen fortgeschleppt.
Nach den Verlusten des 30-jährigen Krieges folgten die Türkenkriege 1663-1699.
Weite Landstriche wurden verwüstet. Daher beginnen die meisten Matriken rund um Wien erst 1683. Und auch die
Napoleonischen Kriege hatten zwischen 1797 und 1809 große Wanderungen sowie die
Vernichtung vieler Aufzeichnungen zur Folge.
Kaiser Josef II (der älteste Sohn von Maria Theresia) erließ am 13.
Oktober 1781 das so genannte "Toleranzpatent" das die freie Regligionsausübung garantierte. In der Folge ließ er 1783
grundlegende Änderungen in der österreichischen Matrikenaufzeichnung
durchführen:
700 Klöster wurden aufgelassen. Die freie Wahl der Religion wurde Gesetz. Viele
neue Pfarren wurden gegründet. Alle Matriken wurden
Staatseigentum, das heißt, daß die Führung der Aufzeichnungen für den Staat
durch die Kirche zu erfolgen hatte.
Da
es ja noch keine allgemein gültige Rechtschreibung
gab,
haben
die Pfarrer die Namen in den Matriken so verzeichnet,
wie sie gesprochen und verstanden wurden. Daher finden wir den Familiennamen
heute in vielen unterschiedlichen Schreibweisen. Ja es kam sogar vor, daß
derselbe Name auf einem Dokument am Anfang anders geschrieben wurde als weiter
unten am Blatt. Auch wurden Namen in Böhmen, teils Deutsch, teils tschechisch
geschrieben: z.B. Ondřej Dušek
= Andreas Duschek oder Vit
(Veith) Duška = Peter Duschek.
Das s in Dušek (mit „Hatschek“) ging aber mit der
deutschen Schreibweise in ein gewöhnliches s über, so daß ich heute meine
Vorfahren unter Dusek (mit und ohne Hatschek), Dussek, Duschek, Tousek, Douschek, etc. finden
kann.
Um
die Verwirrung zu vollenden wurden alle Matriken-Abschriften,
die mein Vater noch vor dem 2. Weltkrieg machen ließ grundsätzlich auf Tschechisch abgeschrieben. Nun gab es aber in der
damals allgemein verwendeten deutschen Kurrentschrift die unzähligen Hatscheks,
Stricherln etc. über den tschechischen Zeichen nicht.
Manche Pfarrer behalfen sich halt indem sie die tschechischen Zeichen auf die
Kurrentbuchstaben verpflanzten, was natürlich dann schlußendlich vollkommen
unleserlich war. Gott sei Dank wurden die meisten Dokumente mit der
Schreibmaschine abgeschrieben, so daß dann zwar alle (Vor- Nach und Orts-)
Namen Tschechisch da standen, aber es war wenigstens leserlich und es
enthielt die genaue Matriken Nummer (z. B. Pfarre Chelčice, Bd. 3, Fol. 228)
und damit kann ich dort wo Unklarheiten herrschen leicht in den Originalmatriken nachschauen. In Tschechien wurden alle Kirchenbücher
in (Zentral-)Archiven gesammelt, so daß man nicht in jede kleine Pfarre fahren
muß. Das ist in Österreich leider nicht überall so. Zwar gibt es in Klagenfurt
ein zentrales Archiv für die Diözese Gurk, in Innsbruck im Landesarchiv findet
man alle Matriken von Nord- und Osttirol verfilmt auf
Mikrofilm (egal ob Diözese Salzburg oder Innsbruck) aber in Wien sind zum
Beispiel wirklich noch alle Matriken in den
jeweiligen Pfarren (die man halt wissen sollte, denn sonst hat man in Wien
keine Chance etwas zu finden. Also Geburtsort Wien sagt genausoviel wie geboren
in Böhmen oder Tirol, nämlich gar nichts). Übrigens war kürzlich Tag der
offenen Kirchen, da konnte man alle 200! Kirchen in Wien besuchen, von denen so
manche normalerweise nicht zugänglich ist (z.B. Kaisergruft). Zu diesen 200
Kirchen in Wien gehören natürlich auch alle Gotteshäuser anderer Konfessionen.
Ich erwähne das nur damit man sieht, daß man ohne
Angabe der Pfarre keine Chance hat etwas zu finden.
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